Wiki
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Veröffentlichungsdatum
19. September 2008
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Dauer
11 Titel
Mit dem vierten Album wird eine scheinbar unumstößliche Regel außergewöhnlicher Rockbands befolgt: Die Band wird eindeutig mainstreamiger. Das Rotzig-raue, Garage-artige tritt zugunsten - immerhin gut gemachter - professioneller Rockriffs und -beats in den Hintergrund.
Gut, Kings of Leon bleiben weiterhin eindeutig erkennbar und die Platte hat ihren eigenen Charme, den die Fans lieben. Schließlich wird auch die Nummer 3 der Scheibe, Sex On Fire, zu einem großen kommerziellen Erfolg der Band, was wiederum zu einer größeren Bekanntheit führt.
Daniel Gerhardt von www.plattentest.de schreibt etwas kryptisch:
"Drei Möglichkeiten für die Kings Of Leon, tatsächlich noch amerikanischer zu werden: 1.) Eine Split-Single mit Ted Nugent. 2.) Eine Split-Single mit Ted Nugent und Kid Rock. 3.) Ein Engagement als Wedding-Band auf der Hochzeit von Sarah Palins Tochter. Mehr können sie wirklich nicht mehr tun, um endlich auch in ihrer Heimat geliebt zu werden - sie haben schließlich schon Southern Rock, Schweinerock, Strokes-Rock und zuletzt auf "Because of the times" sogar angemessen durch den Dreck gezogenen Stadionrock versucht. Was übrig blieb, war immer zuerst das selbstverständliche Selbstbewusstsein vier weiterhin junger Burschen; ein Rock'n'Roll, der sich nacheinander die Ellbogen blutig schlug, seine Möglichkeiten auslotete und schließlich sogar sehr viel ernsthaftere Traditionen als Lynyrd Skynyrd aufs Korn nahm. Die Kings Of Leon werden von Bob Dylan und Radiohead verehrt. Eigentlich wollen sie aber nur, dass Bono sein okay gibt.
"Only by the night" schafft da mehrere Schritte auf einmal. Es entwickelt den mit Terpentin polierten Weltumarmer-Rock seines Vorgängers weiter und verzichtet gleichzeitig auf Stücke wie "Black thumbnail" und ihre Rückfälle in alte Rotznasen-Gewohnheiten. Die gemeingefährlichen Sachen passieren diesmal nur noch in den Hinterhöfen der Songs, dort wo sich Caleb und Matthew Followill die Finger an ihren Gitarren wund schrubben dürfen, während sich die Platte mit staatsmännischer Souveränität erste Überblicke verschafft. So spielt der Opener "Closer" eine Art Space-Rock mit Startschwierigkeiten, der folgerichtig eher implodiert als explodiert. Befreiung ist deshalb nur für Calebs geschundenen Geist denkbar. Wie gehabt beschwört der aufsässige Priestersohn um Sonne, Mond, Seele, Herz und Einsamkeit die klassischen Bilder des Rock'n'Roll und unterwandert sie mit einer Gewissenhaftigkeit, die sich irgendwo zwischen Eiseskälte und Heißblütigkeit einpendelt.
"Cold desert" heißt ausgerechnet der Song, in dem Caleb diese zunehmend theatralische, aber doch immer herzensnahe Gestenspielerei formvollendet - eine selbstmitleidige Abrechnung mit Jesus und den Frauen, die effektvoll ausfadet, nur um für ein letztes trotziges Aufbäumen zurückkehren zu können. "Only by the night" steht und fällt mit solchen Momenten der Unberechenbarkeit - auch und vor allem, weil sich die Songs darauf ein paar Mal zu oft unter Wert verkaufen. Die Leadgitarre verziert meistens nur, verwischt nichts mehr, die Drums haben zu oft schon das Publikum im Kopf, das auf der nächsten Tour mitklatschen soll. Eine absurde Vorstellung, weil Kings Of Leon doch überzeugte Bühnensteher sind und deshalb auch auf "Only by the night" gerade aus den Songs das Letzte herauskitzeln, die sich eigentlich keinen Zentimeter vom Fleck bewegen.
"I want you" ist so ein dräuendes, schwerfälliges Ding, das irgendwann die Kurve kriegt, ohne dass man wüsste, was jetzt genau passiert ist. Besser klappt da schon "Crawl", das konventionelle Songstrukturen umkrempelt, beim Totalversagen der Gitarren beginnt und seinen unerhört dreckigen Fuzzbass anschließend in immer kontrolliertere Bahnen lenkt, bis doch noch ein feuerfestes Solo den Plan durchkreuzt. So kann Classic Rock aussehen, wenn man ihn nicht wie in Stein gemeißelt, sondern als formbare Musikrichtung begreift, deren Spielregeln auch nur da sind, um gebrochen zu werden. Kings Of Leon sind weit davon entfernt, vor ihrer eigenen Courage in Ehrfurcht zu erstarren - wenn sie in "Revelry" noch ihre eigene Seifenspur aufwischen und mit "17" ohne erkennbare Distanz das größte denkbare Rockmädchen-Klischee zureiten, möchte man sich aber doch die alten Wunden an den Ellbogen aufkratzen. Keine Erinnerung ist schließlich schöner als die Schmerzen von gestern."
Quelle: https://www.plattentests.de/rezi.php?id=6091
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