Biografie

  • Jahre aktiv

    1966 – 1983 (16 Jahre)

  • Mitglieder

    • Dick Städtler
    • Dieter Klemm
    • Gerd Wollschon (1966 – 1975)
    • Hansi Frank
    • Theo König

Floh de Cologne war eine zwischen 1966 und 1983 aktive Kölner Politrock-Band und Kabarettgruppe der linken außerparlamentarischen Opposition und des Umfelds der Neuen sozialen Bewegungen.

Die Band wurde am 20. Januar 1966 von Kölner Studenten zunächst als Politkabarett gegründet. Die Band stammte aus der Kölner APO um den SDS, ihre politische Ausrichtung veränderte sich über die Jahre hinweg zu einer klar dialektisch-marxistischen Position. Unabhängig voneinander traten die Mitglieder der Band zwischen 1970 und 1973 in die DKP ein. Am 6. September 1970 trat die Gruppe beim Fehmarn-Festival nach Jimi Hendrix auf; dies war dessen letzter Auftritt vor seinem Tod. 1973 trat Floh de Cologne als musikalischer Teil einer westdeutschen Abordnung bei den X. Weltfestspielen der Jugend in Ost-Berlin auf. Ab 1980 waren Teile der Band (Vridolin Enxing als Vorsitzender) aktiv bei Rock gegen Rechts, im selben Jahr erhielt die Gruppe den Deutschen Kleinkunstpreis zusammen mit Gerhard Polt. 1983 löste sich Floh de Cologne auf.

Als die ursprünglich konventionelle Kabarettgruppe bei den Essener Songtagen 1968 Undergroundbands wie die The Mothers of Invention, die TheFugs und die The Edgar Broughton Band erlebt hatte, orientierte sie sich mit ihrem dritten Programm „SimSAlabimbambaSAladUSAladim“ stilistisch um und verband agitatorische Texte mit Beatmusik und einer Bühnenshow zu sogenannten „Agitations-Revuen“ und entwickelte sich zu einer der führenden Politrock-Bands. 1969 schloss Floh de Cologne einen Exklusiv-Plattenvertrag mit dem Label Ohr/Metronome für die Produktion „Fließbandbabys-Beatshow“ und weitere Produktionen ab. Der Metronome-Produzent Rolf-Ulrich Kaiser war maßgeblich beteiligt am Aufbau der sogenannten Krautrock-Szene dieser Jahre.

1971 schuf Floh de Cologne die erste deutschsprachige Rockoper namens "Profitgeier". In der dreisätzigen "Geyer-Symphonie" von 1973 arbeitete die Band in ihre Musik Originalausschnitte aus Politikerreden anlässlich des Begräbnisses des deutschen Großindustriellen Friedrich Flick ein. Mit der Kantate für Rockband "Mumien" reagierte die Band 1974 auf den Putsch in Chile 1973, unter anderem mit einer Vertonung der letzten Rede des gestürzten Präsidenten Salvador Allende. Im selben Jahr erarbeitete die Gruppe zusammen mit Hans Werner Henze alternative Vertonungen des Chilelieds ("Dieser chilenische Sommer war süß"; 1974), Text: Rudi Bergmann (* 1950), Uraufführung war am 31. Mai 1974 in Essen (Grugahalle: Gedenkkonzert für Víctor Jara, zugleich Solidaritätsveranstaltung für den Widerstand in Chile). Grenzüberschreitend war ebenfalls die Zusammenarbeit mit Mauricio Kagel bei den "Kölner Kursen für Politische Musik" (1975). In der Rockoper "Koslowsky", für die die Band ein Jahr lang vor Ort recherchiert hatte, zeichnete Floh de Cologne 1980 das Schicksal eines Arbeiters aus dem Ruhrgebiet nach, der nach Bayern zur Maxhütte kommt.

Weniger bekannt, aber wesentlich für die Entwicklung der Band, waren ihre Arbeiten für das Theater. So entstanden in Zusammenarbeit mit Roberto Ciulli am Kölner Schauspielhaus: "Ein Neuer Florentinerhut" nach Eugène Labiche (1976 Rowohlt-Theaterverlag), mit dem Markgrafen-Theater Erlangen und dem Staatstheater Wiesbaden: "Rotkäppchen – ein Märchen mit viel Rock und Pop und Rum-ta-ta" nach Jewgeni Schwarz (1977/1980 Kiepenheuer & Witsch-Theaterverlag). Weitere Arbeiten erfolgten in verkleinerter Besetzung nach der Auflösung (Dick Städler, Theo König, Vridolin Enxing): Am Grillo-Theater Essen zusammen mit David Esrig eine Neufassung von "Der Krieg" von Carlo Goldoni (1984 Sessler-Verlag Wien), "Babette oder peu à peu" mit Helmut Ruge am Markgrafen-Theater Erlangen (1986), ebenfalls dort: "Das Mädchen mit den Schwefelhölzern" (1986).

Die Kritik reagierte auf die Band meist zwiespältig, so resümierten Graves/Schmidt-Joos: „Die durchaus wegweisende Musikagitation mit harten Fakten wurde stets durch Beigabe unnützer Fiktionen über Ausbeutung, Arbeiterelend, Klassenkampf und ein sozialistisches Utopia geschwächt“, erkannten aber an: „Immerhin gelang es Floh de Cologne als erster deutscher Rock-Band, der nach ihren ethnischen und sozialen Ursprüngen motivierbaren Aggressivität, Spontaneität und Emotionalität des Rock ’n’ Roll mit annähernd gleichwertigen Texten gerecht zu werden.“

Nach über 3000 Konzerten in Deutschland und Europa seit der Gründung löste Floh de Cologne sich im Mai 1983 nach einer Abschiedstournee auf. Das Abschiedskonzert in der Kölner Sporthalle am 17. Mai 1983 hatte 6000 Zuschauer und dauerte 14 Stunden unter der Beteiligung zahlreicher bekannter Musiker wie Hannes Wader, Dieter Süverkrüp, Franz-Josef Degenhardt, Hanns-Dieter Hüsch, Die 3 Tornados, BAP und Ina Deter.

„Der Floh de Cologne hat Kabarettgeschichte gemacht, und dies mehrfach: Als ersten kam ihnen das alte Nummernkabarett zu zerfleddert und unverbindlich vor; sie bauten kompakte Programme mit durchgehendem Tenor. Als erste begannen sie, multimedial Musik als wirklich gleichberechtigten Bestandteil sowie Dia und Film ins Programm einzubauen. Als erste begannen sie, richtige Programmgeschichten, abendfüllende Bühnenwerke satirischen Inhalts zu fertigen – zumindest für Deutschland sind sie die Erfinder der Rockoper. Schließlich noch waren sie es, die engagierte Texte der Liedermacher-Aura entkleideten und saftige Songs und Schlager daraus machten; so sind sie schließlich die Großväter aller neueren deutschen Wellen geworden“ – Michael Frank: Süddeutsche Zeitung, 7. April 1983.

Der Nachlass von Floh de Cologne befindet sich im Deutschen Kabarettarchiv in Mainz.

Zu jedem Bühnenprogramm von Floh de Cologne gab es ein programmatisches (Werbe)Plakat. Die Rückseite enthielt den gesamten Text des Programmes und gegebenenfalls „Anweisungen“ zum Handeln und Literaturhinweise für weiterführende "private revolutionäre Tätigkeit". Die Vorderseite wurde von befreundeten Künstlern gestaltet. Unter ihnen sind zu nennen: Hansruedi Giger, Dieter Süverkrüp, Stefan Siegert, Wolfgang Niedecken u. a. Diese Plakate und die LPs wurden nach den Veranstaltungen von der Gruppe persönlich verkauft, so wie sie im Übrigen alles selber machten; professionelle Aufbauhelfer (Roadies) gab es nicht. Es gehörte zum Ehrenkodex der Gruppe, die eigene Arbeit, so es möglich war, selber zu machen und dadurch die Eintrittspreise so niedrig zu halten, dass die Zielgruppen (Lehrlinge, junge Arbeiter, Studenten, Schüler) möglichst problemlos Zugang fanden. Zitat aus einem Programmheft von 1978: "Floh de Cologne, das ist keine Goldene Schallplatte und keine goldene Nase, kein Platz in der Hitparade und dem Abendprogramm des Fernsehens, kein Kunst- oder Kulturpreis und keine Subvention. Das ist Pech."

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